Sie sind schwanger - wo wohnen Sie?

Je nachdem in welcher Region der Schweiz Frauen ihre Schwangerschaftsvorsorge durchführen lassen, werden sie unterschiedlich auf Infektionen getestet. Dies zeigt eine neue schweizweite Studie der Universitätskliniken für Frauenheilkunde und Infektiologie des Inselspitals. Nationale Richtlinien könnten helfen, dass Mütter und Ungeborene überall gleich gut geschützt werden.

Streptokokken, Hepatitis B, HIV – diese Infektionen schliessen Gynäkologen schweizweit bei schwangeren Frauen aus. Denn so entspricht es den aktuellen Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG). Was aber ist mit Cytomegalie? Syphilis? Bakteriellen Infektionen? Nur knapp jeder fünfte Fachmediziner (18%) fühlt sich hierüber gut genug informiert, wie die am 11. Juli 2016 veröffentlichte Studie im Swiss Medical Weekly zeigt. Detailliertere nationale Richtlinien könnten Abhilfe schaffen.

 

Gesundheit von Mutter und Ungeborenem schützen
Unbehandelte Infekte in der Schwangerschaft können die Gesundheit von Frau und Kind gefährden. Umso wichtiger ist es, die riskantesten Infektionen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Doch welche sind das? Dass es zu dieser Frage schweizweit keine einheitliche Antwort gibt, zeigt eine nationale Befragung aller Gynäkologinnen und Gynäkologen der Schweiz.

Durchgeführt haben diese die Universitätskliniken für Frauenheilkunde und Infektiologie am Inselspital in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sozial und Präventivmedizin der Universität Bern sowie mit der Frauenheilkunde des Centre Hospitalier Universitaire Vaudois und dem Kinderspital in St. Gallen.

Regionale Unterschiede und grosses Informationsbedürfnis
98 Prozent der befragten Ärzte testeten auf die drei von der SGGG empfohlenen Infektionen Streptokokken, Hepatitis B und HIV. Jenseits der expliziten Empfehlungen gibt es aber starke regionale Unterschiede. So wurde Syphilis in Genf und der Nordwestschweiz fast flächendeckend getestet (96 und 92%), aber nur zu 73 Prozent in der Ostschweiz und gar nur 65 Prozent in Zürich.
Die Mehrheit der Ärzte testeten einheiltich auf Röteln (88% total) und Varizellenimmunität (52%). Bei der nicht empfohlenen Toxoplasmose-Testung führten Genfer Ärzte die meisten Tests durch (47%) – am wenigsten Ärzte in der Ostschweiz (11%). Infektionen des Genitaltrakts nahmen Gynäkologen der Deutschschweiz und im Tessin sehr ernst – weniger aber die Walliser Kollegen. Dagegen testen Genf und die Zentralschweiz eher auf Hepatitis C (61 und 54%) als die Ostschweiz (19%).


Alle Gynäkologinnen und Gynäkologen der Schweiz, welche in der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) Mitglied sind, wurden befragt; etwa die Hälfte hat teilgenommen. Drei Viertel würden klare nationale Richtlinien für sämtliche Infektionen in der Schwangerschaft begrüssen. Denn so könnten alle Frauen eine vergleichbare Schwangerschaftsvorsorge in höchster Qualität erhalten.