Tuberkulose-Krankenhaus in Namibia

PD Dr. med. Gunar Günther, Leitender Arzt der Universitätsklinik für Pneumologie

PD Dr. med. Gunar Günther ist Leitender Arzt an der Universitätsklinik für Pneumologie am Inselspital. Er verbringt regelmässig Zeit in Namibia, einem Land mit einer hohen Rate an Tuberkuloseerkrankten und keinem Pneumologen im öffentlichen Gesundheitssektor. Von 2015–2019 arbeitete Gunar Günther Vollzeit in Namibia. Bei seinen Besuchen und auch in der Zeit dazwischen behandelt er Patientinnen und Patienten. Er unterrichtet als Visiting Professor an der Universität von Namibia und leitet mit zwei namibischen Kollegen eine Forschungsgruppe zur Tuberkulose.

Grenzenloses Engagement
Bei seinen ersten Besuchen in Windhoek erlebte Gunar Günther das Tuberkulosekrankenhaus als einen sehr traurigen Ort: Täglich ungeklärte Todesfälle, Stigmatisierung, mangelndes und überfordertes Personal angesichts der hohen Patientenzahlen, das Tabu, an Tuberkulose (TB) Erkrankte auf der Intensivstation aufzunehmen, Ressourcenmangel.

Seit seinem Engagement (ab 2012) hat sich im Tuberkulosekrankenhaus einiges verbessert:

  • Die medizinische Qualität wurde angehoben.
  • Das Krankenhaus ist renoviert.
  • Auch sehr jungen TB-Patientinnen und –Patienten ist eine intensivmedizinische Behandlung möglich.
  • Pneumologie wurde als Spezialgebiet eingeführt.
  • Studierende und ärztliches Personal in Seminaren und Lehrvisiten werden aus- und weitergebildet.
  • Eine Forschungsgruppe zu Tuberkulose und Infektionskrankheiten wurde gegründet.

Gunar Günther hat gelernt, mit wenig Ressourcen eine gute, patientenorientierte Medizin zu betreiben und es hat ihn auch gelehrt, eine gewisse Demut gegenüber den Möglichkeiten unserer modernen, ressourcenreichen und innovativen Medizin zu empfinden.

Aktuell verbringt er alle drei Monate zirka eine Woche in Namibia. Die Situation im Zusammenhang mit Covid-19 ermöglicht dank neuer Kommunikationswege, Seminare, Fallkonferenzen oder Vorlesungen auch online durchzuführen. 

Unbesiegte TB
Tuberkulose ist eine in Westeuropa seltene Erkrankung, die aber weiterhin relevant ist. Weltweit ist sie mit rund 10 Millionen Neuerkrankungen und aktuell zirka 1,4 Millionen Todesfällen jährlich noch vor HIV und Malaria die häufigste Infektionskrankheit, die durch einen einzelnen Erreger zum Tod führt. Sie ist nur nicht vor unserer Tür. In den Achtzigerjahren glaubte man, die Tuberkulose besiegt zu haben. Die HIV-Epidemie und die zunehmenden Resistenzen gegen die Medikamente bewirkten das Gegenteil. So erkranken in Namibia aktuell pro Jahr mehr als 100 Mal so viele Menschen pro 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner an Tuberkulose als in der Schweiz.

Beim BCG-Impfstoff gegen Tuberkulose handelt es sich um den weltweit bisher am häufigsten ein-gesetzten Impfstoff. Nur ist seine Wirksamkeit beschränkt, er verhindert primär schwere Infektionen bei Kindern. Und der Impfstoff hat sich in den letzten 100 Jahren nicht verändert. Es besteht die Hoffnung, dass im Rahmen der Covid-19-Pandemie neuer Schwung in die Entwicklung von Impf-stoffen gegen TB, HIV und Malaria kommt.